Positionen zur Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung

Die ANU Bayern bezieht Stellung zur Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung:

1. Übergeordnete Ziele von Bildung

Die ANU Bayern sieht Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung im Kontext der europäischen Bildungsdebatte. Sie stützt sich auf die wesentlichen Aussagen zur Bildung der OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development), die für das 21. Jahrhundert als vorrangige Bildungsziele Frieden, Demokratie und Nachhaltigkeit definiert. Um dahin zu gelangen, ist das Hauptziel von Bildung, Lernen so zu gestalten, dass der Einzelne in die Lage versetzt wird, sein eigenes Leben und die Gesellschaft selbstbestimmt und gemeinsam mit anderen rational und begründet gestalten zu können.

Die Entwicklung von der Industrie- zur Wissensgesellschaft, der Rückbau des Sozialstaates, die damit verbundene Verantwortungsübernahme der Bürger in der Gesellschaft und der Prozess der Individualisierung bringen für alle (Umwelt-)Bildungseinrichtungen neue Anforderungen an das, was sie lehren oder anbieten. Aufgabe der Umweltbildungseinrichtungen ist demnach, Orientierung und Anwendungswissen anzubieten (d. h. Schlüsselkompetenzen zu vermitteln) und damit Voraussetzungen für die Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen zu schaffen.

2. Umweltbildung in Bayern hat gesellschaftlichen Nutzen

Maßnahmen und Angebote der Umweltbildung haben sich gewandelt. Das reine "Natur erleben" ist Konzepten gewichen, die Menschen für ein zukunftsfähiges Handeln in der (Um-)Welt qualifizieren. Diese Ausweitung auf eine "Lebensbildung" wird auch in der Verbreiterung der Angebotspalette deutlich: Neben naturkundlichen und ökologischen Themen werden soziale, kulturelle und ökonomische Themen im Sinne der Agenda 21 angeboten. Umweltbildung nimmt seit Jahren einen wesentlichen gesellschaftlichen Auftrag wahr, weil sie eine nachhaltige Entwicklung nicht nur fördert, sondern in Projekten und Aktionen aktiv umsetzt. Ziel der Umweltbildung ist es, den Einzelnen in die Lage zu versetzen, das eigene Leben und die Gesellschaft selbstbestimmt und gemeinsam mit anderen rational begründet gestalten zu können. Dieser Auftrag findet sich - ausgehend von der Agenda 21 - wieder in den Bildungszielen der OECD, in der Verankerung der Nachhaltigkeit durch die Bundesregierung und in der Bayern Agenda.

Bei der Übernahme dieser gesellschaftlichen Aufgaben hat sich auch der Hintergrund für Umweltbildung im Sinne nachhaltiger Entwicklung gewandelt. Umweltbildung ist längst nicht mehr nur Naturerleben - obwohl das in der Bildungsarbeit im Kindergarten und in der Grundschule ein ganz wichtiger Baustein geblieben ist - sondern erstreckt sich mittels vielfältiger Methoden auf ganz verschiedene Bereiche:

  • Initiierung und Begleitung von Agenda 21- und anderen Planungsprozessen
  • Kooperationen mit Kindergärten, Schulen, Fachakademien etc.
  • Ausbildung von Jugendlichen (Freiwilliges Ökologisches Jahr, PraktikantInnen, Zivildienstleistende)
  • Tourismus und Regionalentwicklung
  • Qualifizierung von Fachpersonal mittels Fort- und Weiterbildungen
  • Umweltbildungsmaßnahmen bilden Fundamente und bieten Hilfestellungen in einer immer komplexer werdenden Welt.

3. Ausrichtung auf unterschiedliche Zielgruppen

Umweltbildung in Bayern richtet sich generell an alle Alters- und Gesellschaftsgruppen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, werden Angebote der Einrichtungen zielgruppenspezifisch aufbereitet und durchgeführt. Und je nach Bedarf kommen neue Zielgruppen hinzu, beispielsweise Senioren oder Menschen mit Behinderungen. Eine weitere Ausweitung werden Bildungsangebote für Vorschulkinder und SchülerInnen im Rahmen von Ganztagsschulen sein.

4. Umweltbildung zeigt Profil

Träger von Umweltbildungseinrichtungen in Bayern weisen ein breites Spektrum auf: von Naturschutz-, Jugend- und Erwachsenenbildungsverbänden über staatliche bis zu kommunalen Einrichtungen, von sozialen Verbänden bis zu privaten Trägern und vielen anderen mehr. In dieser Vielfalt spiegelt sich die gesellschaftliche Breite und Relevanz der Bildungseinrichtungen. Besonders Umweltstationen, als Umweltbildungsorte in naturnaher Umgebung, entwickeln sich zu regionalen Netzwerken. Konzepte und Leitbilder machen das Profil der jeweiligen Einrichtung deutlich. Viele Umweltstationen kooperieren mit Schulen und setzen in ihrer Umwelt- und Nachhaltigkeitsarbeit bei den Punkten an, denen Schulen nicht mehr gerecht werden können.

Im Hinblick auf ihre gemeinsame Zielsetzung, die Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung in Bayern zu stärken, betreibt die ANU Bayern für die Einrichtungen Lobbyarbeit. Wichtige Punkte dabei sind das Herausstellen der Ziele von Umweltbildung, ihres gesellschaftlichen Nutzens und ihrer Synergieeffekte durch vielfältige Kooperationen.

5. Vermittlung von Kompetenzen

Umweltbildung bedient sich vieler Formen des Lernens und setzt auf die Vermittlung von Kompetenzen. Persönliches, ganzheitliches Lernen wird durch neue Bildungsmethoden ergänzt. Inhalte werden durch kommunikative, situative, prozessorientierte und partizipatorische Methoden in der Umweltbildung lebendig und durch ihre ökonomischen, ökologischen, kulturellen und sozialen Komponenten im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung erfasst. Dieses ganzheitliche Lernen in lebensweltrelevanten Themenstellungen ist eine Ergänzung zu herkömmlichen kognitiven Bildungsansätzen (vor allem für Erwachsene) und zur schulischen Bildung und gibt dem Einzelnen Orientierung. Durch praxis-, produkt- und handlungsorientierte Methoden, durch Förderung von Kooperation, Teamwork, vernetztem Denken und Szenariotechniken trägt die Umweltbildung alters- und zielgruppenspezifisch zum Kompetenzerwerb bei. Umweltbildung zeigt einerseits Visionen für eine zukunftsfähige Welt, leistet aber andererseits durch Lebensweltbezug und Kompetenzvermittlung einen praktischen Beitrag fürs Leben.

6. Umweltbildung handelt da, wo PISA aufhört

Die Umweltbildungseinrichtungen haben als Partner der Schulen eine besondere Rolle. Im Fokus steht das Konzept des ganzheitlichen, handlungs- und situationsorientierten Lernens in Projekten und praktischen Tätigkeiten im Gemeinschaftsbezug, bei denen insbesondere die Gestaltungs- und Kommunikationskompetenz gefördert werden. Damit wird Umweltbildung zu einem wichtigen außerschulischen und außerfamiliären Lernort für gesellschaftliche Sozialkompetenzen.

7. Bündnisse für Umweltbildung

Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung braucht breite Bündnisse zur Umsetzung ihrer Aufgaben. Eine nachhaltige Entwicklung ist eine Querschnittsaufgabe aller Ressorts, Ministerien und Kräfte. In diesem Sinne arbeitet die ANU Bayern daran, die Basis der Umweltbildung durch Netzwerke und Lobbyarbeit zu verbreitern.

8. Das Leitbild der Umweltbildungseinrichtungen

Mit dem Leitbild wird deutlich, was die Umweltbildungseinrichtungen in Bayern wollen und was die gemeinsame Linie ist. Es dient dazu, die Qualität nach außen dazustellen und nach innen zu stärken.

Das Leitbild finden Sie unter Leitbild auf dieser Website.

9. Vereinbarung "Mehr Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung in Bayern"

Im Juli 2005 schloss die ANU Bayern mit dem damaligen Minister Dr. Schnappauf die neue Vereinbarung für mehr Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung in Bayern. Den Auftrag dazu hatte die Mitgliederversammlung 2003 dem Sprecherrat erteilt.

Und was lange währt, ist endlich gut! Geblieben sind die Rahmenaussagen zu der Finanzierung der Umweltbildung in Bayern. Neu hinzu kam der klare Bezug zur Bildung für nachhaltige Entwicklung, der Auftrag der Agenda 21 und die Verpflichtung zur Mitarbeit in der UN-Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung". Ein Teil davon ist die Umsetzung des neuen Marketingkonzepts für die Umweltbildung in Bayern. Das bayerische Umweltministerium verpflichtet sich, seinen Teil dazu beizutragen.

Vereinbarung05.pdf

Mehr Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung für Bayern - Vereinbarung 05

0.9 M